Investor kommt - Bäcker Krome bleibt
Hanauer Landstraße in Frankfurt, Firmenadresse von IT-Firmen, Autohäusern, Werbeagenturen. Es ist eine prosperierende Hauptstraße im Osten der Stadt. Wie die Nr. 190: Autohaus, Teppichhändler, Reha-Zentrum und Nachtclub.
Der Belle Club öffnet aber nur in zwei Nächten der Woche und dann erst ab 23 Uhr. Damit kollidieren die hämmernden Bässe aus dem Roofgarden des Clubs nicht mit der Geschäftigkeit der übrigen Mieter, zu denen auch ein „Haus der Bäcker“ gehört.
Eine Backstube, Zubehörverkauf, Weiterbildungseinrichtung? Daneben. Das Haus der Bäcker besteht aus Büroräumen, in denen jede andere Branche ihren Geschäften nachgehen könnte.
Schwerpunkt sind Nachfolgelösungen
Auf jeden Fall weist nichts darauf hin, dass hier ein Unternehmen seinen Sitz hat, das auf dem Weg ist, die größte Bäckerei Deutschlands zu werden. Wobei das weder Ziel noch strategische Ausrichtung sei, wie Geschäftsführer Rigbert Fischer mit Nachdruck betont. Aber der Reihe nach.
Auf seiner Homepage schreibt das Haus der Bäcker, „der richtige Partner zu sein, wenn es um vertrauensvolle und nachhaltige Nachfolgelösungen oder Unternehmensverkauf im Bäckerhandwerk geht“.
Das klingt nach Beratung, nach Vermittlung zwischen Verkäufer und Kaufinteressenten. Mit dem Unterschied, dass der Mittler in dieser Konstruktion selbst der Käufer ist. „Wir wollen in den kommenden drei bis vier Jahren bis zu zwölf Betriebe erwerben“, sagt Fischer.
Aktuell sind es nur noch zehn, denn nach Krome‘s Backstube in Marienmünster im Sommer 2019 hat Fischer mit der Badischen Backstub‘ in Ettlingen zum Jahresbeginn die zweite Bäckerei gekauft. „Mit einer dritten verhandeln wir gerade.“
Der 34-jährige Wirtschaftsingenieur weiß um die Gefahr, mit solchen Äußerungen in die Nähe von Großinvestoren gerückt zu werden, die im großen Stil investieren, die Betriebe ausschlachten und nach Gewinnmaximierung ausspucken.
„Der Peak der Billigbäckereien ist überschritten“
„Unser Konzept ist ein völlig anderes“, sagt Fischer und spricht von Markenidentität, Regionalität, Vertrauen. „Wir glauben an die Branche, da sie nicht konjunkturabhängig ist, und setzen auf ihre Zukunft. Der Peak der Billigbäckereien ist überschritten.“ Die Backbranche habe eine Existenzberechtigung, brauche aber neue Konzepte.
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„Gemeinsam wollen wir gute Betriebe noch besser machen“, so Fischer. Dafür würden kerngesunde Firmen mit Perspektive unter dem Dach des Hauses der Bäcker zusammengeführt, um sie gezielt weiterzuentwickeln.
„Dafür bieten wir hier in Frankfurt zentrale Dienstleistungen wie Marketing, IT und Controlling an.“ An die DNA der Betriebe werde hingegen nicht Hand angelegt. Die Firmennamen blieben ebenso erhalten wie Belegschaft und Sortiment. Die ehemaligen Inhaber fungieren als Geschäftsführer oder Berater. „Wir benötigen deren lokales Know-how“, so Fischer.
So wie das von Bernd Krome. Mit dem Wissen, dass seine Kinder andere Berufsziele verfolgen, regelte der 48-Jährige die Nachfolge seines Neun-Filialen-Betriebs früh und verkaufte an Fischer.
Geschäftsführer im früher eigenen Betrieb
„Anfängliche Sorge um die Seriosität hat sich schnell als unbegründet herausgestellt“, so Krome, der jetzt Geschäftsführer im Betrieb tätig ist. „Wir waren im Marketing schwach. Da haben wir massive Unterstützung erhalten. Ich habe schnell gemerkt, dass Fischer nicht den letzten Cent rauspressen will, sondern den Betrieb entwickelt.“
Diese Perspektive sei auch für ihn das entscheidende Argument gewesen, sagt Wilfried Weber, bis 31. Dezember 2019 Inhaber der Badischen Backstub’ und ab 1. April Berater mit unbefristetem Vertrag.
„Ich wollte hier keinen Kamps, der uns übernimmt“, sagt der 66-Jährige. Ihm sei der Erhalt des von ihm vor 43 Jahren gegründeten Betriebs in der jetzigen Form und mit den 300 Mitarbeitern entscheidend gewesen. „Das ist gelungen.“
Kritische Größe sind zehn Filialen
Mit 28 Filialen passt die Badische Backstub’ perfekt ins Anforderungsprofil der neuen Eigentümer. Fischer: „Unter zehn Filialen sollten es nicht sein, das ist die kritische Größe.“ Kromes Bäckerei sei die Ausnahme gewesen, eine Perle, auf die er nicht habe verzichten wollen.
Damit werde auch deutlich, dass es ihm nicht um Größe, sondern Perspektive gehe. „Sollte sich die Erweiterung der bestehenden Filialen anbieten, wägen wir unter Einbeziehung der Geschäftsführer vor Ort ab, ob es sinnvoll ist.“ Dass dabei im Ergebnis am Ende der Einkaufstour das Unternehmen mit den meisten Bäckereifilialen Deutschlands stehen kann, wäre demnach nur ein Nebeneffekt.
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Quelle: Ramcke, A.: Investor kommt - Bäcker Krome bleibt, in: Allgemeine Bäcker Zeitung Online (2020), Nr. 4.